TEIL 1 - Definition Lernstörungen allgemein, Diagnostik
VORWORT
Hallo liebe Eltern,
gerne möchte ich Ihnen einen Einblick in die vielfältige Welt der Lernstörungen geben. Durch persönliche Erfahrungen mit Autismus, Dyspraxie, VED, Dysphagie und ADS habe ich selbst erlebt, welche Herausforderungen diese mit sich bringen können.
Nach Monaten des Bücherwälzens möchte ich Ihnen nicht nur Fachjargon servieren, sondern auch aus meiner Erfahrung als Therapeutin mit betroffenen Kindern berichten und ein wenig Klarheit in den therapeutischen Prozess bringen.
Wir werden uns damit beschäftigen, wie sich Lernstörungen im Schulalltag und zuhause zeigen und welche therapeutischen Ansätze es gibt. Da das Thema so riesig ist, werde ich es in einzelne Bereiche aufteilen und Ihnen passende Literaturhinweise geben, um noch tiefer einzutauchen.
Lernstörungen sind heutzutage keine Seltenheit mehr, aber oft werden sie leider nicht richtig erkannt oder behandelt. Das kann dazu führen, dass Kinder und ihre Familien richtig leiden. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Sie als Eltern die Führung übernehmen und ein wachsames Auge auf Ihre Kids haben, sei es zuhause oder in der Schule. Vergessen Sie die Zeiten, in denen man dachte, ein paar Leseübungen würden alle Probleme lösen – das ist leider nicht der Fall.
Als ein Baustein sind Sie der Allroundmanager, der Ihren Kids den Weg zum Erfolg ebnet. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie frustrierend es sein kann, wenn Kinder aufgrund von Lernstörungen falsch eingeschätzt werden. Jedes Kind ist einzigartig und hat seine ganz eigenen Talente und Stärken! Es ist unsere Aufgabe als Eltern, das Beste aus diesen Talenten herauszuholen und unseren Kids mit positiven Gedanken den Rücken zu stärken. Denn, seien wir ehrlich, wir sind nicht nur Manager, sondern auch die Motivationsgurus für unsere kleinen Lieblinge!
Gemeinsam können Sie diesen Weg gehen und dafür sorgen, dass Ihre Kinder ihre individuellen Stärken entfalten und zu echten Überwindern werden! 🌟
WAS SIND LERNSTÖRUNGEN?
Merkmal | Beschreibung |
Definition von Lernstörungen | Schwierigkeiten beim Erlernen und Anwenden grundlegender Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben oder Rechnen. |
Ursachen | Können durch neurologische oder genetische Ursachen bedingt sein. |
Manifestation | Oft manifestieren sie sich als anhaltende Probleme trotz angemessener Anstrengungen und Intelligenz. |
Diagnosekriterien | 1. Gravierende Leistungsdefizite in einem spezifischen schulischen Inhaltsbereich im Vergleich zur jeweiligen Altersgruppe (<10%) 2. Die allgemeine Denkfähigkeit (Intelligenz) muss sich im "Normalbereich" (IQ>70) befinden und über dem Niveau der schulischen (Minder)- Leistung liegen. 3. Es muss eine Diskrepanz zwischen dem erwarteten und tatsächlichen Leistungsniveau festgestellt werden. |
Ausschluss von Kriterien |
|
Diagnostische Referenzsysteme | DSM (Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen) und ICD-10 (Internationale Klassifikation Psychischer Störungen) |
Offizielle Diagnosebezeichnung (ICD-10) | Umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten (F81) |
Lernstörungen können inhaltlich begrenzt oder allgemein sein
Inhaltlich begrenzte Störungen
sind durch deutliche Minderleistungen in einem Lernbereich definiert, während in den sonstiges Unterrichtsfächern eine gute Lernfähigkeit vorliegt und die allgemeine Intelligenz ein mittleres Niveau aufweist.
Entwicklungsstörung | Fachbegriff | ICD-10 Code |
Lese- und Rechtschreibstörung | Legasthenie | F81.0 |
Isolierte Rechtschreibstörung | Dysorthographie | F81.1 |
Störung des schriftlichen Ausdrucks | Dysgraphie | F81.8 |
Rechenstörung | Dyskalkulie | F81.2 |
Allgemeine Lernstörungen
Entwicklungsstörung | ICD-10 Code |
Kombinierte Störungen schulischer Fertigkeiten | F81.2 |
Nicht näher bezeichnete Lernstörung | F81.9 |
Lernbehinderung | F81.9 |
Leichte geistige Behinderung | F70.- |
Lernstörungen können das Lernen sowohl in schulischen als auch außerschulischen Bereichen in erheblichem Maße beeinträchtigen. Bei einer leichten geistigen Behinderung sind die intellektuellen Fähigkeiten begrenzt, wobei die Schulfähigkeit erhalten bleibt und der IQ zwischen 50 und 70 liegt.
Vorübergehende Lernstörungen können durch verschiedene kritische und situative Ereignisse auftreten, wie Reifungskrisen, Schulwechsel, traumatische Erlebnisse und Neuorientierungen. Es ist wichtig zu beachten, dass Lernstörungen oft verbleiben und zu anhaltenden Lernrückständen führen können, die sich im Laufe der Zeit verschlimmern.
Im amerikanischen DSM-Modell werden einzelne Lernstörungen als relative Minderleistung betrachtet. Ein Beispiel dafür sind Underachiever (DSM-IV, V62.30: Schulschwierigkeiten), was sich auf Schülerinnen und Schüler bezieht, die ihre intellektuellen Fähigkeiten nicht angemessen in schulische Leistungen umsetzen können. Dieses Phänomen kann sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzen und wird oft durch Faktoren wie mangelnde Motivation, hohe Leistungsangst und defizitäre Lernstrategien beeinflusst.
Ursachen von Lernstörungen:
In einfachen Worten ausgedrückt, sind Ursachen von Lernstörungen die größeren Faktoren, die das Auftreten von Lernschwierigkeiten beeinflussen können.
Ursachen | Beschreibung |
Basisfertigkeiten | Diese umfassen grundlegende Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Informationsverarbeitung, sprachliche Fähigkeiten und Gedächtnis. Wenn diese Basisfertigkeiten nicht richtig entwickelt sind, kann dies zu Lernstörungen führen. |
Wissens- und Begriffssysteme | Hier geht es darum, wie Ihr Kind Informationen verarbeitet und organisiert. Schwierigkeiten in diesem Bereich können dazu führen, dass es schwer fällt, Wissen zu verstehen und zu behalten. |
Metakognitive Fertigkeiten | Diese beziehen sich auf das Wissen darüber, wie man lernt und sich selbst reguliert. Probleme in diesem Bereich können dazu führen, dass Ihr Kind Schwierigkeiten hat, effektive Lernstrategien anzuwenden und seinen Lernfortschritt zu überwachen. |
Motivation | Die Motivation Ihres Kindes spielt eine wichtige Rolle beim Lernen. Wenn es nicht motiviert ist oder sich unwohl fühlt, kann dies zu Schwierigkeiten führen, neue Dinge zu lernen. |
Voraussetzungen zum Lernen | Dazu gehören die Umgebung, in der Ihr Kind lernt, sowie seine kognitiven und emotionalen Voraussetzungen. Wenn diese nicht optimal sind, kann dies das Lernen beeinträchtigen. |
Lernstörungen durch mangelnde Informationsverarbeitung
Dies bezieht sich spezifisch auf Schwierigkeiten, die auftreten, wenn das Gehirn eines Kindes Informationen nicht effektiv aufnimmt, verarbeitet oder speichert. Diese Schwierigkeiten können auf Defizite in verschiedenen kognitiven Prozessen zurückzuführen sein.
1. Lernstörungen durch mangelnde Informationsverarbeitung:
Überselektivität
Fehlende Lernvoraussetzungen durch reduzierten Wortschatz
Defizite im phonologischen Rekodieren und phonematischen Bewusstsein
Probleme in der lexikalischen Entwicklung
Defizite im Arbeitsgedächtnis
Unzureichende selektive Aufmerksamkeit
Kognitive Entwicklungsverzögerungen
Geringes und unzureichend vernetztes inhaltliches Wissen
Mangel an Gedächtniseinspeicherung und Selbststeuerung
Bedürfnisaufschub, der die Aneignung neuen Wissens erschwert
2. Einschleichende Lernstörungen:
Einschleichende Lernstörungen sind langsam fortschreitende Schwierigkeiten beim Lernen, die oft über einen längeren Zeitraum hinweg unbemerkt bleiben können. Diese Störungen können sich schleichend entwickeln, ohne dass sofortige offensichtliche Anzeichen vorhanden sind. Sie können verschiedene Ursachen haben, darunter genetische Faktoren, Umweltfaktoren, unzureichende oder ineffektive Unterrichtsmethoden sowie fehlende Unterstützung für individuelle Lernbedürfnisse. Einschleichende Lernstörungen können das Selbstwertgefühl und die Motivation beeinträchtigen und zu einem negativen Lernzyklus führen, der sich im Laufe der Zeit verschlimmern kann, wenn er nicht erkannt und adressiert wird.
Erklärung in eigenen Worten:
Manchmal kann das Gehirn wie ein überfüllter Schrank sein -
es hat Schwierigkeiten, die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu finden!
Ihr Kind könnte Probleme haben, wichtige Informationen auszuwählen, wie ein "überselektiver" Schrank, der nur bestimmte Kleidungsstücke herauszieht, während der Rest im Dunkeln verschwindet.
Außerdem könnte sein "Wortschatz-Schatz" etwas knapp sein, was wie ein kleiner Schatztruhen-Mangel erscheint. Das Gehirn muss auch wie ein musikalischer Dirigent sein und die richtigen Töne (oder Buchstaben) im richtigen Moment erklingen lassen. Aber manchmal kann es da ein paar schräge Noten geben!
Maßnahme für mangelnde Informationsverarbeitung:
Eine Möglichkeit, Ihrem Kind zu helfen, sein Gehirn zu einem besseren Organisator zu machen, ist ihm beizubringen, wie man wichtige Informationen leichter herauszieht. Zum Beispiel könnten visuelle Hilfen wie Farbcodierungen oder Mind Maps verwendet werden, ähnlich wie Harry Potter seine Zaubertricks nutzt, um seine Abenteuer zu meistern. Diese Techniken können Ihrem Kind helfen, Informationen besser zu strukturieren und zu behalten, ohne die Notwendigkeit fliegender Besen!
Maßnahme für einschleichende Lernstörungen:
Einschleichende Lernstörungen können wie kleine Spione sein, die sich langsam in die Lernparty einschleichen, ohne eingeladen zu sein! Wenn Ihr Kind Anzeichen zeigt, dass es Dinge vergisst oder Schwierigkeiten hat, sich zu erinnern, könnten frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden. Neben der Einführung verschiedener Gedächtnisstrategien wie Wiederholungstechniken oder Mnemotechniken könnte auch eine regelmäßige Wiederholung des Lernstoffs erfolgen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass diese kleinen Spione keine Chance haben, das Zeug zur Party zu vermasseln! Mit etwas Unterstützung und ein paar lustigen Tricks kann sichergestellt werden, dass Ihr Kind bereit ist, die Lernwelt zu erobern und den Spaß am Lernen zurückzugewinnen!
Allgemein werden bei der Förderung folgende Bereiche bearbeitet:
Maßnahmenziele | Beschreibung |
Erhöhung Qualität und Quantität von Lernhandlungen | Das Ziel ist es, die Effizienz und Häufigkeit der Lernaktivitäten zu steigern, um sicherzustellen, dass das Kind mehr lernt und bessere Ergebnisse erzielt. Dies kann durch gezielte Übungen, Hausaufgaben oder Aktivitäten erreicht werden, die das Lernen fördern. |
Vermittlung von Lernstrategien | Durch die Vermittlung von spezifischen Lernstrategien wie Organisations- und Zeitmanagementtechniken, Visualisierungs- und Wiederholungstechniken kann das Kind lernen, effektiver zu lernen und das Gelernte besser zu behalten. |
Anregung metakognitiver Aktivitäten | Metakognitive Aktivitäten beinhalten die Fähigkeit des Kindes, sein eigenes Lernen zu überwachen, zu kontrollieren und anzupassen. Durch die Förderung von Selbstreflexion, Zielsetzung und Strategieanpassung kann das Kind seine Lernfähigkeiten verbessern und Selbstkontrolle entwickeln. |
Steigerung der Motivation | Das Ziel ist es, die Motivation des Kindes zum Lernen zu steigern und mögliche Hindernisse wie Lernunlust zu überwinden. Dies kann durch die Schaffung eines positiven Lernumfelds, Belohnungssysteme oder die Einbeziehung interessanter Lernmaterialien erreicht werden. |
In diesem ersten Teil habe ich Ihnen die wichtigsten Grundlagen im Umgang mit Lernstörungen vorgestellt.
In den nächsten Teilen werden wir spezifische Lernstörungen genauer betrachten und ich werde Ihnen praktische Tipps zur Unterstützung Ihres Kindes geben.
Bleiben Sie also gespannt und verfolgen Sie die kommenden Beiträge!
Literatur
Shaywitz, S. E. (2003). Overcoming dyslexia: A new and complete science-based program for reading problems at any level. Vintage.
Riddick, B., & Healy, J. (1993). Dyslexia in context: Research, policy, and practice. Wiley.
Fawcett, A. J., & Nicolson, R. I. (2008). Dyslexia: Theory and good practice. Wiley.
Swanson, H. L., & Harris, K. R. (Eds.). (2014). Handbook of learning disabilities (2nd ed.). Guilford Press.
Mercer, C. D., & Mercer, A. R. (2013). Teaching students with learning problems (8th ed.). Pearson.
Reid, G., Fawcett, A. J., & Manis, F. (2004). The SAGE handbook of dyslexia. SAGE Publications.
Fletcher, J. M., Lyon, G. R., Fuchs, L. S., & Barnes, M. A. (2007). Learning disabilities: From identification to intervention. Guilford Press.
Swanson, H. L., & Hoskyn, M. (2001). Experimental intervention research on students with learning disabilities: A meta-analysis of treatment outcomes. Review of Educational Research, 71(4), 577-622.
Reid, G., & Valle, J. (2004). The International book of dyslexia: A cross-language comparison and practice guide. Wiley.
Berninger, V. W., & Richards, T. L. (Eds.). (2002). Brain literacy for educators and psychologists. Academic Press.
Lauth, Grünke, Brunstein, Interventionen bei Lernstörungen, 2003, Hofgrefe
Elternratgeber Lernstörungen
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